Große planerische Fragestellungen erfordern außergewöhnliche Formate

Internationales Bauforum 2019 Magistralen

7 Magistralräume, 14 Teams mit 200 Expert:innen aus Architektur, Stadt-, Freiraum- und Verkehrsplanung, Wissenschaft sowie Kultur, dazu über 8000 Gäste – mit dem »Internationalen Bauforum 2019 | Magistralen« gab die Stadt Hamburg im Spätsommer 2019 die Bühne frei zur größten und buntesten Zukunftswerkstatt Deutschlands. Zusammen mit deine°°Agenten, urban attitude und Büro Klass entwickelte urbanista spannende Formate in einer Mischung aus kreativem Hackathon und Fachfestival. Gemeinsam mit den Bürger:innen wurden Ideen für die Hauptschlagadern der Metropole entwickelt – ein Thema, das für alle größeren Städte von größter Bedeutung ist. Mit dem Bauforum wurde eine fast 40 Jahre zurückreichende Hamburger Tradition ins 21. Jahrhundert überführt – ein Format, das Blaupause auch für andere Städte sein kann. 

Ziel des Bauforums war es, für sechs Tage einen Freiraum zum Entwerfen und Diskutieren zu schaffen, der ein völliges Neudenken der komplexen Magistralenräume ermöglicht. Das Bauforum war gigantische Entwurfswerkstatt, Festival, Netzwerk-Treffen der Stadtmachenden und hat so einen Ausnahmezustand auf Zeit erzeugt, der Expert:innen wie Öffentlichkeit für das Thema begeistert hat. Mit seinen Ergebnissen hat das Bauforum den Anspruch, die internationale Debatte um Magistralenräume anzuregen und zugleich die Basis, für die Entwicklung dieser Räume in den nächsten 20 Jahren zu schaffen.


Projektzeitraum

2019

Ort

Hamburg

Auftraggeber:in

Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen Hamburg

Ansprechpersonen

Tristan Lannuzel, Sören Rothert 

Externe Links

Die Hauptschlagadern unserer Stadt

Die Magistralen sind Stadteingang, erste Adresse, Quartierszentrum und Versorgungsraum. Sie widersprechen sich in ihrer Sinn- und Zweckmäßigkeit – sind Barriere- und Verbindungsraum zugleich und durch ihre Mehrdeutigkeit fast poetisch. Hier manifestieren sich die Probleme und Sehnsüchte eines jeden Stadtplanenden.

Die weitläufigen Korridore durchpflügen unsere Stadt von ihrem Kern bis in die umliegende Peripherie. Diverse Sozialgefüge werden freigelegt und die Heterogenität von Architektur, Städtebau und Verkehr sichtbar gemacht. Die Magistrale führt uns durch dichte Altbauquartiere, durch klassische 60er- und70er-Jahre Rotklinker-Bebauung, durch Gewerbegebiete, entlang von Großwohnsiedlungen und schließlich durch Doppel- und Einfamilienhausgebiete.

Der Begriff „arterial corrdiors" versinnbildlicht die Funktion der städtischen Magistralen. Unverzichtbar als Transportraum für Güter und Menschen, nehmen sie gewaltige Flächen innerhalb des urbanen Siedlungskörpers ein. Wachsende Verkehrsströme, immer knapper werdende innerstädtische Bauflächen und die Überschreitung geltender Emissionsgrenzwerte erhöhen den Druck auf die Magistralen-Flächen.

Arbeitsatmosphäre in den Deichtorhallen
Arbeitsatmosphäre in den Deichtorhallen - Expert:innenenpool
Ausstellungsbereich in den Deichtorhallen
Arbeitsatmosphäre in den Deichtorhallen
Arbeitsatmosphäre in den Deichtorhallen - Expert:innenenpool

Der Wunsch nach Transformation

Der Sehnsuchtsraum rückt in den Fokus von Planung und Politik. Können diese weitläufigen Korridore nicht mehr sein als funktionaler Transitraum? Kann das „Kauderwelsch an Städtebau und Architektur“ – wie es der Oberbaudirektor Franz-Josef Höing nannte – geordnet und der Magistrale-Raum zu einem Teil der gelebten Stadt werden? Die konkurrierenden Flächenansprüche und die technischen Neuerungen im Mobilitätssektor machen eine Transformation der Magistralen vorstellbar und notwendig. Dieser Herkulesaufgabe nahm sich deshalb das internationale Bauforum 2019 | Magistralen in Hamburg an.


Ein Hamburger Format mit Tradition

Bereits im Jahre 1984 fand das erste Hamburger Bauforum statt. Seitdem widmeten sich insgesamt sieben Bauforen zentralen Herausforderungen der Stadtentwicklung von Hamburg. In einer Mischung aus kreativem Hackathon und Fachkongress mit Workshopcharakter entwarfen lokale, nationale und internationale Expert:innen neue Ideen zur Weiterentwicklung der Hansestadt. Sie wagten zusammen die Transformation alter Hafenareale, die Neustrukturierung monofunktionaler Gewerbegebiete und 2003 sogar den Sprung über die Elbe. Die Bauforen waren somit prägend für Schlüssel- und Großprojekte der Stadt Hamburg – wie beispielsweise die HafenCity.

Während das Bauforum 1984 noch ein introvertierter Fachkongress war, setzte das Format im Jahre 2019 neue Maßstäbe. Der Fokus der Veranstaltung hieß diesmal „Magistralen“. Räume, die durch ihren Maßstab und ihre Komplexität kaum zu überbieten sind. Insgesamt folgten knapp 200 Expert:innen dem Ruf des Oberbaudirektors nach Hamburg, um in nur fünf Tagen wegweisende Visionen für die hochkomplexen Magistralen zu entwickeln. 

Einblicke in das Team-Dossier Magistrale 1 (von 7)
Einblicke in das Team-Dossier Magistrale 1 (von 7)
Einblicke in das Team-Dossier Magistrale 1 (von 7)
Einblicke in das Team-Dossier Magistrale 1 (von 7)
Einblicke in das Team-Dossier Magistrale 1 (von 7)
Einblicke in das Team-Dossier Magistrale 1 (von 7)
Einblicke in das Team-Dossier Magistrale 1 (von 7)
Einblicke in das Team-Dossier Magistrale 1 (von 7)
Einblicke in das Team-Dossier Magistrale 1 (von 7)
Einblicke in das Team-Dossier Magistrale 1 (von 7)
Einblicke in das Team-Dossier Magistrale 1 (von 7)

Räume neu denken

Frei von allen Zwängen des Planungsalltags wurde in insgesamt 14 interdisziplinären Teams an sieben ausgewählten Magistralen gearbeitet. Um die 8 bis 20km langen Magistralen in ihrer Gänze zu erfassen, entwickelte urbanista sieben Dossiers. Sie waren Arbeitsgrundlage der Teams, stellten die Dramaturgie der Magistralen heraus und definierten erste mögliche Fokusräume als Kristallisationspunkte bestimmter Herausforderungen. Die Teams stellten die Sinnhaftigkeit der Hauptverkehrsstraßen teilweise komplett infrage oder entwickelten eine neue Programmierung für die jeweilige Magistrale. Mit plakativen Titeln wie „Milky Way“, „Into the Wild West“ und „Diversistrahle“ regen die Ansätze dazu an, bestehende Denkmuster aufzubrechen. Die Entwürfe sind dabei keinesfalls umsetzungsorientiert, sondern inspirieren vielmehr dazu, diese Räume auch zukünftig neu zu denken.

Das Bauforum schafft einen planerischen Ausnahmezustand auf Zeit. Administrative, zivilgesellschaftliche, politische und fachliche Horizonte werden bewusst aufgebrochen, irritiert und stimuliert. Die Magistralen sind als Veränderungsraum über den Workshopmodus hinaus in wichtigen Schaltstellen der Stadtplanung präsent. Die Teilnehmer:innen der Verwaltung dienten hierbei als Multiplikator:innen nach innen und außen.

Konzert von dem SPIIC Ensemble auf dem Deichtorhallenvorplatz

Fachkongress mit Festivalcharakter

Neben der fachlichen Arbeit des Bauforums wurde ein kreatives Rahmenprogramm entworfen. Schauplatz waren die Deichtorhallen als kreativer Hotppot mitten in Hamburg. Die Magistralen wurden durch verschiedenste Programmpunkte, wie den Magistralen-Safaris, Shouldered-Streetlights, einem Freiluftkino, einem Konzert, spannenden Expert:innentalks sowie durch international renommierte Keynote-Speaker:innen erlebbar gemacht. Durch die öffentliche Begehbarkeit der Ateliers, eine Ausstellung sowie die öffentliche Präsentation der Ergebnisse richtete sich das Bauforum nicht nur an die Fachwelt, sondern auch an die breite Stadtgesellschaft.

Für ein solches Großvorhaben ist der unbedingte Wille neue Wege zu beschreiten unverzichtbar. Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen und der Oberbaudirektor legten den Grundstein für das Bauforum. Zugleich erfordert es für die Umsetzung ein vielschichtiges Projektteam, dass planerische, veranstaltungstechnische, kulturelle und designtechnische Erfahrungen in das Projekt einbringt. urbanista holte sich deshalb mit deine°°Agenten, urban attitude und dem Büro Klass erfahrene Partner:innen mit ins Boot.

Der Erfolg des Bauforums ist in weiten Teilen der Fachwelt noch immer spürbar. Die Magistralen sind über administrative Grenzen hinaus ins Bewusstsein gerückt worden. Der Diskurs geht weiter und die Stadt Hamburg signalisiert mit weiteren Veranstaltungsformaten  – wie mit der ebenfalls durch urbanista organisierten Ausstellung im Januar 2020 – es geht weiter und wir wollen die Magistralen auf der Agenda der Fachwelt verankern.

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