Zukunft ist gestaltbar

Die Stadt von übermorgen

Das war die Prämisse des „Stadt von übermorgen"-Projekts im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Ziel dabei: keine Zukunftsvorhersagen, sondern ein solider Überblick über urbane Zukunftsthemen und kommunale Gestaltungsmöglichkeiten. In einem ersten Forschungsprojekt (2016 - 2019) leuchtete urbanista in Zusammenarbeit mit Futur A das weite Feld der Zukunftstrends aus. Die sogenannten Trendmoleküle illustrieren, welche langfristigen Entwicklungen urbane Räume im Übermorgen prägen werden. Gemeinsam mit Expert:innen und lokalen Akteur:innen identifizierten wir Einflussfaktoren und Entwicklungspfade und formulierten damit Zukunftserzählungen für verschiedene deutsche Stadttypen. Im anschließenden Forschungsprojekt (2019 - 2022) aktualisierten wir nicht nur das Trendwissen, sondern entwickelten und testeten deutschlandweit Arbeitsmaterialien für kommunale Zukunftsdiskurse. Der über das BBSR verfügbare Methodenkoffer bietet kommunalen Akteur:innen und Stadtmacher:innen aller Art die Möglichkeit, eigenständig Zukunftsdiskurse durchzuführen, das Gespräch über ihre lokale Zukunft anzustoßen und sie damit aktiv zu gestalten.


Projektzeitraum

2016 - 2022

Auftraggeber:in

Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)

Ansprechpersonen

Björge Köhler, Julian Petrin 

Projektpartner:innen

Vom Nachdenken über die Stadt von übermorgen zum Empowering von Stadtmacher:innen

Wir leben in unsicheren Zeiten – auch was die Planbarkeit von Stadt betrifft. Unsere Welt wird zunehmend komplexer, Zusammenhänge unübersichtlich und die Zukunft immer unvorhersehrbarer. Stadtentwicklung wird heute durch eine Vielzahl von Trends und Treibern beeinflusst: ob Künstliche Intelligenz, demografischer Wandel, Energiewende oder Klimawandel. In den letzten Jahren ist die Zukunft der Städte daher zu einem heiß diskutierten Thema geworden – nicht nur in den öffentlichen Debatten, sondern auch in der Forschung. Im Mittelpunkt steht dabei meist das „Morgen“: ein Zeitraum von 10 bis 20 Jahren, der greifbar und prognostizierbar erscheint. Stadtentwicklungspolitik – die häufig heute schon maßgebliche Entscheidungen für zukünftige Generationen trifft – muss neben den drängenden Herausforderungen der nahen Zukunft allerdings auch die langfristige Entwicklung von Städten in den Fokus nehmen. Dieser Perspektive hat sich das Forschungsprojekt „Stadt von übermorgen“ verschrieben.


Zukunft gestalten heißt: heute schon über das Übermorgen nachdenken

Um sich rechtzeitig auf mögliche Zukünfte einzustellen, müssen sich Kommunen von den üblichen Planungshorizonten lösen und einen Blick ins Übermorgen wagen: Welche heute absehbaren Trends können das urbane Leben langfristig prägen? Wo müssen wir uns auf unsichere Zukunftsperspektiven einstellen? Und welche Leitplanken können wir für zukünftige Entwicklungen erkennen? Hier setzte das Projekt „Nachdenken über die Stadt von übermorgen“ an. Das ambitionierte Ziel: Orientierung in der unübersichtlichen Trendlandschaft stiften. Dafür identifizierten wir raum- und stadtrelevante Trends, ordneten sie, diskutierten ihre Auswirkungen auf ausgewählte Stadttypen sowie konkrete Teilräume und loteten Gestaltungsmöglichkeiten mit Akteur:innen auf Bundes- und Lokalebene aus. Die Forschungsergebnisse sind in der Online-Publikation „Nachdenken über die Stadt von übermorgen“ ausführlich beschrieben.

Doris Sibum, Futur A –
„Sich systematisch mit zukünftigen Entwicklungen zu beschäftigen gehört nur im Ausnahmefall zum Alltag. Die Gegenwart hält uns einfach zu sehr in Atem. Bei all unseren Workshops hat sich als wichtig erwiesen, unsere Augen für einen längerfristigen Horizont zu öffnen.“

Mit Trendmolekülen die komplexe Trendlandschaft handhabbar machen

Die größte Herausforderung lag darin, die Komplexität der Trenddiskurse aufzubrechen. Durch umfangreiche Recherchen entstand zunächst eine Trendsammlung von über 150 Einzeltrends. Um diese kleinteiligen Trends handhabbar zu machen, verdichteten wir sie – im Dialog mit externen Expert*innen sowie Vertreter:innen des Bundes und des BBSR – zu sogenannten Trendmolekülen: vom Mensch-Maschine-Leben über die Ausdifferenzierung der Arbeitsverhältnisse und das steigende Armutsrisiko bis hin zur Algorithmisierung städtischer Systeme. Mit diesem methodischen Vorgehen gelang es, Einzeltrends zu relevanten Wirkungszusammenhängen zu bündeln und einen verständlichen Überblick über die komplexe Trendlandschaft zu geben. Das Ergebnis: ein Kompass für das Zukunftsdickicht. Die Trendmoleküle bieten damit nicht nur Stadtmacher:innen Orientierung in unübersichtlichen Zeiten, sie bilden auch die Basis für viele andere unserer Projekte – sei es Kiel 2024, Freiburger Zukunftsszenarien 2040 – und finden grundsätzlich Anwendung in unseren Workshops und Beteiligungsmethoden.

Ein Methodenkoffer für die Beschäftigung mit urbaner Zukunft

Mit „Nachdenken über die Stadt von übermorgen“ leisteten wir Pionierarbeit im Feld der urbanistischen Zukunftsforschung: Erstmals entstand mit Fokus auf Stadtentwicklung im deutschsprachigen Raum eine systematische und ganzheitliche Trendsammlung. Schnell wurde deutlich: Die erprobten Methoden und gewonnenen Erkenntnisse waren nur ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen. Um das Nachdenken über die Zukunft der Städte in der kommunalen Praxis zu verankern, braucht es zugängliche Arbeitsmaterialien für die Beschäftigung mit Zukunft. Ziel des zweiten Forschungsprojekts „Stadt von übermorgen: Zukunftsdiskurse und Arbeitsmaterialien“ war es deshalb, Arbeitsmaterialien und Methoden für die eigenständige Durchführung von Zukunftsdiskursen auf kommunaler Ebene zu entwickeln. Auf diese Weise entstand ein frei verfügbarer Methodenkoffer, der Stadtmacher:innen umfangreiche Materialien (Workshopformate, Videos, etc.) für die eigenständige Beschäftigung mit Trends und das Ausloten möglicher Zukünfte an die Hand gibt. In diesem Zuge konnten wir außerdem übergeordnete inhaltliche Erkenntnisse zu den drängendsten Zukunftsthemen deutscher Kommunen gewinnen.

Dr. Marion Klemme & Dr. Katharina Hackenberg (BBSR) -
„Mit dem Projekt möchten wir Impulse für kommunale Zukunftsdiskurse, für das gedankliche Experimentieren und Entwickeln von Ideen für die Stadt von übermorgen geben. Dafür machen wir Trends greifbar und entwickeln einen handhabbaren, frei verfügbaren Methodenkoffer.“

Das Gespräch über Zukunft macht Zukunft

Im kontinuierlichen Austausch mit Fachexpert:innen näherten wir uns nach und nach der Frage, was ein guter Methodenkoffer für kommunale Zukunftsdiskurse braucht. Anschließend prüften wir die Arbeitsmaterialien auf ihre Praxistauglichkeit: In insgesamt sieben Zukunftsdiskursen mit strukturell verschiedenen Modellkommunen entwickelten wir die Formate und Methoden stetig weiter. Der Umfang der Zukunftsdiskurse variierte zwischen ein bis vier Workshops, die angesichts der Corona-Pandemie überwiegend digital stattfanden. Die Bandbreite der teilnehmenden Kommunen reichte von einer prosperierenden Großstadt in zentraler Lage über eine Landgemeinde bis hin zu einer peripher gelegenen Kleinstadt. Auch die Anlässe der Zukunftsdiskurse waren vielfältig: mal ging es um die allgemeine Auseinandersetzung mit Trends, dann war ein Planungsprozess der Ausgangspunkt, während eine andere Kommune eine ganz bestimmte Fragestellung umtrieb. Eine zentrale Erkenntnis des Forschungsprojekts war: Das Gespräch über Zukunft macht Zukunft. Zukunftsdiskurse können konkrete Veränderungen anstoßen und Verantwortlichkeiten erzeugen. Die Publikation „Stadt von übermorgen“ liefert dafür ein solides Instrumentarium, das Stadtmacher:innen aller Art ermutigt, das Übermorgen auf die Agenda zu setzen, die Weichen frühzeitig in die gewünschte Richtung zu stellen und ihre urbane Zukunft aktiv zu gestalten.

Aktuelle Projekte
Die folgenden Projekte geben einen Einblick, wo und wie wir aktuell urbane Veränderungen gestalten.
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